Trans-Beitrag

Meine GaOP – Year One

Meine Geschlechtsangleichende Operation (GaOP) – Year one

Hallo meine lieben Flauschies,

Meine GaOP ist jetzt fast ein Jahr her. Wenn das mal kein Grund ist, einen besonderen Post zu schreiben. Immerhin war das ein doch recht einschneidendes Erlebnis, diese GaOP – die Geschlechtsangleichende Operation. 95% (ohne harte Fakten geschätzt) aller Transfrauen fiebern und jammern sich bis zu diesem Tag X, an dem sich endlich die Sauerstoffmaske über das zarte (oder in meinem Fall nicht gar so zarte Näslein) stülpt und man in den seeligen Tiefschlaf driftet aus dem man dann alsbald als frisch gebackene Frau wiedererwacht.

Die GaOP, die für viele der Inbegriff der Weiblichkeit ist. Die GaOP, die aus Bernhard, dem O-beinigen Brummifahrer, im Nu eine wunderschöne Frau machen wird. Die Große OP, nach der alles besser sein wird, als vorher. Quasi die grüne Wiese bzw. der Apfelgarten des Geschlechterlebens…

Doch ist das so? Ist das tatsächlich so, dass die GaOP alles verändert?

Ist man hinterher ein anderer Mensch?

Das ist natürlich ausgemachter Mumpitz!
Natürlich ist diese ganze Transitionssache kräftezehrend und an schlechten Tagen einfach nur zum Kotzen, aber sich auszumalen, dass mit der OP sofort alles besser wäre ist leider alles andere als realistisch. Ich will hier keine Träume, Wünsche oder Freuden kaputt machen – ABER die GaOP ist nicht die Lösung unserer Probleme! Das habe ich gelernt.
Auch ich habe die Zeit bis zur OP nur auf das große Ziel fixiert gelebt und dabei genau das vergessen – zu LEBEN. Es ist nur allzu leicht sich und den Moment einfach zu verdrängen, weil ja der Ist-Zustand ach so furchtbar ist. Weil man noch nicht ganz Frau ist. Weil das Ding noch da hängt. Weil die Haare nicht lang genug sind. Weil dies nicht und weil das nicht.
Man fängt an sich nur noch auf die OP als das große Ziel zu konzentrieren, weil der Alltag und der jetzige Moment einfach nur zum Kotzen ist. Die OP ist das Licht am Ende des Tunnels. Der Moment, wenn endlich alles Richtig ist…

EEEHHHPPP!

Ja den Zahn muss ich euch sofort ziehen! Die OP ist auf gar keinen Fall die Lösung! Ich weiß zwar, das die GaOP als die einzige OP gilt, die eine psychische Störung heilen kann, aber das lasse ich so nicht im Raum stehen. Die OP sollte nicht das einzige und unbedingt zu erreichende Ziel sein. Die GA sollte der krönende Abschluss einer zweiten Pubertät sein und kein Ziel über das man hinaus vergisst im Jetzt zu leben.
Denn JETZT können wir uns endlich ausprobieren und sein, beziehungsweise herausfinden, WER wir schon immer hätten sein sollen. WER hat schon diese Chance? Wir können uns selber einen Namen aussuchen! Wie geil ist das denn? Zugegeben…diesen Spaß lässt sich Vater Staat auch fürstlich entlohnen und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber was solls…

Natürlich habe ich nicht vergessen wie chice die Wartezeit bis zur GA war und wie viel Aufwand, Schweiß und Tränen nötig waren, um dort hinzukommen und ich wollte auch um nichts auf der Welt wieder in mein altes Leben zurück…aber mit etwas Distanz sehe ich, dass ich die Transition in einem Megasprint durchlaufen habe, obwohl ein Marathon eventuell sinnvoller gewesen wäre…

Außerdem muss ich jetzt mal meinen Unmut kundtun und euch sagen, dass man nicht durch die GaOP zur Frau WIRD!

Ich habe inzwischen mit vielen intersexuellen Menschen Kontakt gehabt und konnte mich mit einigen davon auch ausgiebig und überraschenderweise auch wirklich nett unterhalten und weiche dadurch immer mehr von meinem indoktrinierten Schubladendenken ab. Gerade WIR, die wir immer für so viel Toleranz und Offenheit kämpfen, haben selber noch so viele Scheuklappen auf und stecken selber gerne andere Menschen und nicht zuletzt uns SELBER in Kategorien.

Frau – Mann – Dazwischen

Die OP macht aus einem Mann keine Frau. Die OP macht aus einer Frau eine Frau. Oder richtiger wäre eigentlich, die OP macht aus einem unglücklichen Menschen im besten Fall einen glücklicheren Menschen. Doch auch das ist nicht garantiert. Mit Nichten. Denn die Geschlechtsangleichende Operation ändert erst einmal rein gar nichts am Leben einer Person. Dafür ist diese im Laufe ihres Lebens absolut allein verantwortlich. Aussehen, Stimme, Bewegungen…das ist, was uns in den Augen unserer Mitmenschen weiblich macht. Ok…zu einem Teil auch Brüste…aber den Großteil der Zeit haben wir irgendeine Form von Scham verhüllender Beinbekleidung an…die GA ist wirklich nur die Kirsche auf der Torte wenn der Rest schon stimmt..

Sicher fühle ich mich nach der OP sehr viel wohler in meiner Haut und habe das Gefühl mit mir sehr viel mehr im reinen zu sein. Bin ich deshalb glücklicher? Habe ich deshalb mehr Freunde? Bin ich erfolgreicher im Job? Koche ich besser oder habe jetzt ein Haustier? Nein – das sind alles Dinge die nichts damit zu tun haben, ob da unten noch was baumelt oder nicht.

WAS ich unterschreiben kann, ist aber der Zugewinn an Selbstbewusstsein! Wenn ich mit mir im reinen bin, dann strahle ich das auch aus – klar – aber das Schicksal muss man immer noch in die eigenen Hände nehmen. Und das ist die Crux – von heute auf morgen ändert sich nix und durch die ungeheure Erwartungshaltung an die Ga ist die Gefahr groß hinterher in ein umso größeres Loch zu fallen…

Macht also der Pullermann aus was wir sind? Mann oder Frau? Nein – jeder Mensch hat sowohl weibliche als auch männliche Anteile in sich, nur bei uns sind eben die weiblichen Aspekte stärker ausgeprägt. Doch auch diese Aussage sollte man nicht ungeprüft so stehen lassen, denn was SIND männliche und was weibliche Aspekte überhaupt? Sicher kann ich nur sagen, dass ich mich nach der GaOP endlich richtig in meinem Körper fühle, doch werde ich gesellschaftlich nie ganz als Frau durchgehen, da ich trotz alledem immer noch männliche Charakteristika an mir habe. Was davon angeboren und auf meine Chromosomen zurückzuführen ist und was einfache, männliche Sozialisierung ist vermag ich allerdings nicht zu sagen. Ich kann nur sagen, dass ich allerdings auch ICH bleiben möchte – der gleiche Mensch in einem jetzt zu ihm passenden Körper, aber ich will mich nicht verstellen, um dem „Idealbild“ einer Frau zu entsprechen…

Was nicht heißen soll, dass ich meine Nase und meine Stimme nicht trotzdem hassen darf, aber genau so darf ich weiterhin meine Ego-Shooter, teure Lautsprecher und Bier und Pizza mögen und bei zu viel Kohlensäure mal ordentlich einen los blöken. Ist das nun ein männlicher Wesenszug oder zeugt das nur von schlechtem Benehmen? Das dürft ihr entscheiden.

Das OP-Gebiet

Meine Schatzkiste hat ja im März nochmal ein kleines Tuning erfahren. So weit geht es mir Bombe und die nervöse Empfindsamkeit da unten ist einfach nur phänomenal. Die Narbenbildung hält sich in Grenzen, die Tiefe ist top, doch die Weite braucht noch etwas Arbeit.

Weiterhin habe ich seit der Korrektur immer wieder mit einem Harnwegsinfekt zu kämpfen, der immer wieder auftaucht, wenn ich ihn für beseitigt halte – das ist auf Dauer doch ganz schön lästig und wird in naher Zukunft auch noch einmal Thema bei einem Spezialisten werden. Hat das mit der OP zu tun? Indirekt natürlich ja – immerhin ist die Harnröhre verkürzt und sicherlich auch anfälliger geworden. Zu den genauen Ursachen kann und mag ich jetzt noch nichts sagen, aber das wird schon.

Ein Kontrolltermin bei Frau Doktor steht jetzt auch im November an. Da muss ich mal sehen, ob das mit der Weite manuell zu lösen ist, oder ob ich das Angebot einer eventuellen zweiten Schönheitskorrektur in Anspruch nehmen werde…

Fazit:

Ich bereue meine Entscheidung für die Geschlechtsangleichende OP an keinem Tag! Ich bin trotz aller kleineren Probleme, die ich seit dem habe, sehr zufrieden. Ich kann mir gar nicht mehr Vorstellen wie ein Leben mit Penis ausgesehen hat. Es war zwar möglich, aber nicht erstrebenswert ^^ Ich würde alle Qualen wieder auf mich nehmen…
Doch maximale Auswirkung auf mein Leben hat die OP nicht gehabt, dafür sind andere Faktoren zuständig…fühle ich mich durch die OP mehr als Frau? Vom Selbstbild her, ja, mag sein…aber für die weibliche Sozialisation…Sozialisierung (?)…eben für die Mitmenschen, ist so viel mehr nötig, um als Frau akzeptiert zu werden.

Ich würde mich freuen, wenn ihr mich hier an eurer Sicht der Dinge teilhaben lassen würdet 🙂

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. 19sarah68

    Hallo Mila!
    Ich lese mit Begeisterung in deinem tollen Blog!
    Seit Juni 2017 ( nach einer dreimonatigen Wartezeit) bin ich in „Behandlung“ beim UKE in der Trans-Ambulanz. Ich kann dir nur zustimmen: Es sind alle total nett dort, von der Anmeldung (Frau Portugall) bis zur Therapeutin (Frau Kürbitz). Die Schilderungen deiner Erlebnisse dort machen mir richtig Mut!
    Liebe Grüße!
    Sarah

  2. Jenny Brückner

    Hallo Mila,
    Ich stehe an dem Punkt, wo ich auf den Termin der GaOP warte. Die Bestätigung der KK ist da und jetzt heißt es warten auf den Tag X. Ich kann mich in deinem Bericht hier voll wiederfinden. Ja, auch ich strebe bis jetzt nur irgendwie auf den einen Tag hin. Habe für fast nix anderes mehr einen Blick und fixiere alles auf die OP. Komisch, dabei ist das wirklich „nur“ das I-Tüpfelchen. Dein Beitrag hat mir etwas die Augen geöffnet. Klar, freue ich mich weiterhin riesig auf den Tag aber ich werde ab jetzt doch wieder etwas bewußter leben und nicht alles um mich herum vergessen. Danke Dir nochmals für den Tollen Beitrag.

    Liebe Grüße Jenny

    1. Mila

      Hallo und danke für deinen Eintrag 🙂
      Ich hoffe du hast schöne Feiertage gehabt…ich habe deine Nachricht zwar schon am WE gelesen, komme aber jetzt erst dazu dir zu antworten.
      Auf jeden Fall freue ich mich, dass meine Worte auch irgendwo ankommen….diese sollen auch nicht nur hohles Geschwäz sein, sondern zum Nachdenken anregen…gelegentlich jedenfalls ^^ Ich wünsche dir alles Gute für deine OP…wenn du Lust hast kannst du hier gerne darüber berichten!

      LG,
      Mila

      1. Jenny Brückner

        Hallo Mila.. ich wollte mich nochmal melden: jetzt habe ich meinen OP-Termin bekommen. Es ist der 11. Juli 2017. Der Countdown läuft und ich freue mich riesig darauf. Ok.. ein bissel Angst ist auch dabei, aber die Freude überwiegt. 4 Monate noch warten, dann ist es geschafft.

        Liebe Grüße Jenny

  3. Sophie

    Hallo Mila. Danke für deinen Bericht. Ich stehe kurz vor der HRT und erwarte auch irgendwann den Tag X. Deine Erfahrungen sind aufschlußreich und helfen weiter. Auch deine überlegungen. Danke dafür 🙂 liebe Grüße aus Köln, Sophie

    1. Mila

      Hallo 🙂
      Danke sehr…ich habe mir die größte Mühe gegeben alles so nah wie möglich aufzuschreiben…ich hätte mir so etwas am Anfang meines Weges sehr gewünscht

  4. Victoria Hofbauer

    Moin Mila, danke für deine offenen Worte. Auch an Bianca! Ja, es ist ein harter Weg! Richtig ich warte auf die OP! um endlich den dazu gehörigen Körper zu haben! Ja, ich mußte mir auch einiges hinter die Ohren schreiben lassen, bis ich meinen Weg gefunden habe! Ich Freu mich das es dir gut geht!

    LG
    Victoria

    1. Victoria Hofbauer

      Moin Mila, ein kleiner Wunsch von mir. Könntest du diesen Bericht nicht mal ins CD-Forum stellen! So kann dein Bericht mehr Menschen erreichen!
      LG
      Victoria

  5. Bianca Dickmann

    Moin Mila,
    danke für den ausführlichen Bericht! Ich kann dem nur in vollem Umfange zustimmen! Das sollten sich alle Transmädels,die noch am Beginn des Weges stehen, hinter die Ohren schreiben. Wie sagtest du? Die Op macht uns nicht zur Frau? Nein,das macht sie nicht! Frau sind wir schon immer gewesen, wir haben nur endlich den dazu gehörigen Körper!
    Freut mich,daß es dir soweit gut geht,abgesehen von der HWI,sowas kann sehr hartnäckig sein. Ich hoffe,du findest mit deinem Arzt noch eine Lösung für das Dilemma. Alles Gute für dich!

    LG Bianca

  6. Annabelle-R.

    Ja, ich ahnte es schon vor Deinem Post, die GA ist nur ein kleines Stück des Weges, wenn auch mit großem Aufwand.
    Deshalb würde ich mich (wahrscheinlich) dagegen entscheiden, mal abgesehen von meinen fortgeschrittenen Jahren.
    Liebe Grüße
    Annabelle

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