GenderIdentity (1)

Hallo? Wer bin Ich? Auszüge meines Lebens (ca. 18+) Teil 1

Hallo? Wer bin Ich? Auszüge meines Lebens (ca. 18+) Teil 1

Ab 18:

Die Schulzeit hatte ich nun mit mehr oder weniger Erfolg hinter mich gebracht.
Jetzt sollte der ERNST des Lebens beginnen. Ja auch ich war nicht gefeit vor elterlichen Floskeln – geliebt habe ich auch immer „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“.
Jedenfalls war es mal wieder soweit; das Chameleon musste sein soziales Umfeld wieder resetten. Die Schule war vorbei und die meisten Mitschüler würde ich in meinem Leben nie wiedersehen. Klar bin ich damit nicht allein, das geht jedem Schulabgänger so, aber für mich war es wieder eine sehr schwere Erfahrung.
Ich bin Sozial so ungeschickt – es fiel mir immer extremst schwer soziale Kontakte aufzubauen oder gar Freundschaften. Rückblickend betrachtet, würde ich sagen, das hat damit zu tun, dass ich selbst keine „Persönlichkeit“ hatte, die ich als „mitteilungswürdig“ betrachtet hätte. Ich brauchte immer erst eine gewisse Aufwärmzeit, um meinen Gegenüber einschätzen zu können und mir mögliche Gesprächsthemen aneignen zurechtlegen zu können. Dieses wurde leider oft als eingebildet oder strange betrachtet…aber so war ich halt. Sozial unbeholfen.
Selbstredend hat sich das heutzutage gebessert. Ich bin offener und kommunikativer geworden. Ich kann auch mal adhoc in ein Gespräch einsteigen – WENN ich meinen Beitrag für sinnvoll halte. DAS ist ein Unterschied zu früher wo ich nicht reden konnte – heute WILL ich oft nicht reden und denke mir meinen Teil. Der Unterschied besteht darin, dass ich könnte, wenn ich angesprochen werde ^^
Aber zurück zum Thema. Die Schule war zu Ende und die nächste Hürde stand bevor – meine Lehrzeit in Harburg.
Gott was hatte ich Hasenfuß mal wieder Bammel.
Und das sollte sich als so was von unnötig herausstellen. Meine Lehrzeit war die schönste Zeit in meinem Leben!
Meine Kollegen waren die Besten die man sich nur wünschen kann. Sie sind quasi zu meiner Familie geworden. Oft hört man, dass sich die Leute morgens bei der Arbeit begrüssen und abends ihrer Wege gehen. Nicht hier! Wir waren das beste Team ever…
Ich denke, das ist es, was einen guten Betrieb ausmacht – die Chemie zwischen den Angestellten. Hier stimmte alles. Ich wurde als Mensch gesehen, nicht nur als der neue Lehrling. Man redete mit mir, INTERESSIERTE sich für mich! Ich habe mehr Aufmerksamkeit erfahren als je zuvor. Und dafür werde ich euch immer dankbar sein. Und ich gebe zu, dass ich gerade feuchte Augen kriege, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Hier konnte ich das erste mal aufblühen – noch nicht so wie es jetzt der Fall ist, aber ich hatte Menschen die sich um mich gekümmert haben. Es war wie eine Familie. Da war sogar die Art des Jobs egal – ich gab mein Bestes, um meine neue Familie nicht zu enttäuschen. Ich hab mich richtig reingehängt. Nicht weil ich den Druck bekommen hätte (naja klar, den auch – immerhin war es ein Wirtschaftsbetrieb), aber mehr weil ich gut sein WOLLTE. Ich wollte meine Kollegen beeindrucken…und wurde im Laufe der zeit zur „Zwickmachine“ ^^
Natürlich habe ich mich zu der zeit auch niemals tiefer gehend mit meinen Emotionen beschäftigt, aber das war auch gar nicht nötig. Ich hatte mal wieder immer genug um die Ohren, um nicht tiefer gehen zu müssen.
Wenn ich jetzt so an die Zeit zurückdenke, fällt mir allerdings auf, dass viele meiner Gedankengänge damals schon nicht typisch Junge waren – das ich Interessen ausbildete die NICHT typisch Junge waren. Schon damals hatte ich ein gesteigertes Interesse an Damenbekleidung und ein störendes Selbstbild…
Überdeckt habe ich das, oder viel mehr beiseite geschoben habe ich das durch einen eher monochromatischen Kleiderfundus (es ging eben nichts über ein helles, freundliches Schwarz). So musste ich mir einfach keine Gedanken machen, warum ich NIE etwas zum anziehen gefunden hab. Die Herrenabteilungen haben mich immer zu tiefst angenervt – ohne dass ich damals auf die Idee gekommen wäre Damenwäsche zu tragen. Das sollte erst viel später passieren.

Ich mochte also Liebesschnulzen, hab mir mal ab und an Zeitschriften gekauft und stand total auf Girly-Tattoos…ja, das waren dann eher Themen über die ich auch in meiner neuen Familie nicht reden konnte/wollte. Um meinem Bild gerecht zu werden habe ich mir damals einen zuweilen recht deftigen Fäkalhumor angeeignet, der meist schwärzer als die Lunge des Marlboromannes ist. Das ist ein Zug an mir, dem ich jetzt zu begegnen versuche, der sich aber so fest eingebrannt hat, das es gar nicht so einfach ist, das wieder los zu werden – das ist mal so ganz unmädchenhaft 😉 Aber das bin ich…

Die Jahre zogen ins Land. Aus dem Neuling wurde ein etabliertes Mitglied der Firma und nach Abschluss der Ausbildung und meinem Gesellenbrief in der Tasche freute ich mich um so mehr, in der Firma bleiben zu können. Ich suchte mir mir erste eigene kleine Wohnung und zog unter Protest meiner Eltern ZU meiner Arbeit nach Hamburg-Harburg. Aus meiner Sicht war das ein logischer Schritt – immerhin bin ich vorher 3,5 Jahre jeden Tag 3 Stunden Bahn gefahren. Das muss ja nun nicht auf Dauer sein.
Jedenfalls hatte ich eine süße kleine 2 Zimmerwohnung in 10 Minuten Fussentfernung gefunden und mich dort eingenistet. 2002. Mein Gott ist das lange her…
Meine erste Nacht in der Wohnung – nur ein Reiseklappbett und ein Fernseher. Sonst nichts. War auch schön…

Ab 21:

Ja…meine erste eigene Wohnung. Endlich hatte ich den Überwachungsstaat verlassen. Mein eigenes Leben und nur noch mir selbst verantwortlich.
Hier kam dann durch die Anonymität des Internets gefördert, das erste Mal ein kleines Päckchen Damenwäsche ins Haus geflattert. Ehrlicherweise weiss ich nicht mehr so genau, wann und wieso ich mich dazu entschieden hatte. Ein bisschen pervers kam mir das ja schon vor und ich weiß, dass ich ganz schön mit mir gehadert und das Vorhaben lange vor mir her geschoben hatte – bis es dann irgendwann hieß: 3-2-1 meins.
Aber dieses Gefühl von Nylonstrümpfen…so glatt und zart. Alles an der Damenwäsche schien „fein, zart, elegant“ zu rufen…alles was ich nicht war. Das genaue Gegenteil. Erst war es nur ein Besitzfetisch…bis ich irgendwann aus einer Eingebung heraus das erste Teil anprobierte.
Was für ein Gefühl! Erotisch, verboten, erregend…eine Sünde.
Aus gegebenem Anlass verschwand das Zeug später im Müll – ich war doch kein Perverser!
Aber die Erinnerung blieb.
Sehr deutlich sogar.
Und es kam wie es kommen musste – irgendwann ersteigerte ich mir ein neues Päckchen. Und es fühlte sich genau so schön an wie beim ersten Mal. Doch irgendetwas fehlte noch…und kurze Zeit später fand über den gleichen Weg auch etwas Kosmetik den Weg in mein Domizil.
Nur um dann zusammen mit der neuen Wäsche auch wieder im Müll zu landen.
Ich schob diese ganzen komischen Gefühle beiseite…für lange Zeit. Meine gute, alte schwarze Garderobe war Trost spendend. Ich musste mir keine Gedanken um Dinge machen, die ich nicht ändern kann…

Weitere Jahre zogen ins Land. Ich lernte sogar ein, zwei Frauen in der Zeit kennen, aber nie war da etwas langfristiges bei. Es fehlte immer etwas und der Sex war auch nie wirklich erfüllen – er diente der Triebbefriedigung, ja, aber mehr habe ich leider nie verspürt. Drum wurden beide „Beziehungen“ auch nicht von mir beendet – sondern beide Male durch Fremdgehen ihrerseits. Shit happens. Nicht nur Männer sind Schweine.

Da ich mir über meine persönliche Entwicklung weiterhin im Unklaren war, stürzte ich mich voller Eifer in die Arbeit. Arbeit und Überstunden – auch für ohne extra Bezahlung – war mein täglich Brot und gut so. Auf Arbeit hatte ich meine Daseinsberechtigung und einen Sinn im Leben.
Heute weiß ich, dass ich ausgebeutet wurde. Meine Kollegen haben das schneller begriffen, weshalb auch einer nach dem anderen ging und ich zum Schluss fast allein da saß. Wie immer hat alles mal ein Ende und auch ich begriff, das es an der Zeit war neue Wege zu beschreiten.
Mit noch mehr Arbeit!
Ich nahm den Meisterbrief in Angriff.
Und kündigte eine zwar sichere aber absolut unterbezahlte Anstellung.

Ab 26:

Die Meisterschule in Hannover verlief ohne besondere Highlights. Ich blieb größtenteils für mich und versuchte so gut es ging meinen Stoff zu lernen. Wer denkt, das ein Orthopädieschuhmacher nur so ein bisschen Schuhe klebt, der hat keine Ahnung. Das war ein 9 monatiges Medizinstudium – und DAS meine ich so wie ich es sage.
Wie gesagt, die 9 Monate verliefen recht ereignislos, worauf dann im April 2012 die Prüfung folgte. Hier gab es einige kleine…nennen wir es…Stolpersteine. Darüber werde ich irgendwann noch einmal separat berichten.
Die Prüfung dauerte insgesamt eine knappe Woche und die Abende verbrachte ich, um mich abzulenken, nicht wie die anderen in der Kneipe, sondern allein in meinem Zimmer am Laptop.
Ich fühlte mich einsam. Ich hatte niemanden der mich anfeuerte, der mir Glück wünschte oder der zu hause auf mich gewartet hätte. Ich war allein und für meine Eltern würde nur wieder der Erfolg zählen.
Ich trieb mich auf einer Online-Dating-Börse rum (ich glaube das war Friendscout24 ???). Ich hatte mir einen 48Std Pass gekauft und wollte das mal ausprobieren…
47 Stunden und ungefähr 30 Absagen später antwortete mir eine Frau 🙂
Die Frau auf die ich mein ganzes Leben lang gewartet hatte.
Meine zukünftige Ehefrau.
Meine zukünftige Exfrau – aber das konnte ich damals noch nicht wissen.

Plötzlich war da jemand der mir Glück wünschte. Noch völlig fremd und unbekannt, aber jemand der sich für mich interessierte.
Das Wochenende nach der bestandenen Prüfung telefonierten wir das erste Mal – drei, vier Stunden, ich weiß es nicht mehr. Wir konnten über alles reden. ICH konnte reden. Sie machte die Welt für mich zu einem bunten Ort.
Ja, unser Anfang war etwas holperig, weil sie gerade aus einer gescheiterten Beziehung kam und eigentlich nicht gleich etwas neues wollte, aber wie das so oft ist…
Ich fuhr auf einen ersten Kennenlernkaffee zu ihr nach Stade – und bin für fast 4 Jahre nicht mehr gegangen.
Wir hatten die Wunderschönste Zeit zusammen und konnten sie in vollen Zügen geniessen. Wir beide waren arbeitslos, als wir uns kennen lernten und hatten die Zeit nur für uns. Niemals habe ich mich einem anderen menschen näher gefühlt. Alle Unsicherheit die ich mir gegenüber verspürte löste sich langsam in Luft auf.
Ich wusste, das ist die Frau mit der ich eine Familie gründen möchte – für die ich alles tun würde.
Ich zog zu ihr nach Stade und suchte mir dort arbeit.
Schon kurz darauf konnten wir uns gemeinsam eine schöne Wohnung nehmen und unser gemeinsames Leben planen. Durch sie lernte ich meinen jetzigen Freundeskreis kennen. Menschen die ich liebe und niemals wieder missen möchte.
Die Zukunft stand uns offen.
Wir heirateten.

Ich arbeitete einige Jahre als Meister und lernte die Handgriffe des täglichen Geschäftsbetriebes. Das Arbeitsklima in dieser Firma war leider nicht so ganz das gelbe vom Ei, so dass Irgendwann der Wunsch in mir reifte, etwas eigenes zu machen. DAS WAR DIE GRÖSSTE DUMMHEIT MEINES LEBENS!
Wir besprachen das Nächte lang und ich saß nicht nur ein Wochenende am Computer und schrieb meinem Businessplan. Ja, es könnte machbar sein….
Und irgendwann setzten wir das Vorhaben tatsächlich in die Tat um…

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Demnächst: Hallo? Wer bin Ich? Auszüge meines Lebens (ca. 18+) Teil 2

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