Hallo ihr Lieben,
heute will ich euch etwas an meinen Anfängen teilhaben lassen. Wie ich entdeckt habe, dass ich mehr Frau als Mann bin oder wie ich mich das erste mal en femme vor die Tür getraut habe. Zum Teil sammel und erweitere ich hier einfach mal alte Forenbeiträge aus meinen Tagen im Crossdresser-Forum. Meine Erlebnisse werden nicht unbedingt chronologisch geordnet veröffentlicht – eher so wie ich mich daran erinnere und das Geschehene aufarbeite 🙂
Heute habe ich für euch:
Mein Coming Out
Soo…wo fange ich an?
Zuerst einmal möchte ich allen Menschen danken, die mich bisher auf meinem Weg begleitet habe, die immer hilfsbereit waren und mir mit Rat und Tat zur Seite standen.
Die Zeit der großen Unsicherheit ist vorbei – ja es tauchen ständig neue Fragen auf. Wie mach ich dies, wie mach ich jenes, wo muss ich dafür hin…aber die einzig wirklich wichtige, die grundlegend entscheidende Frage hat sich aufgelöst. Da brauche ich keine Hilfe mehr. Ich weiß jetzt wer ich sein will…wer ich BIN.
Auch dafür noch einmal ein Dankeschön an alle die mich bis hierher begleitet haben.
Über die Weihnachtstage habe ich den großen Schritt unternommen. Lange habe ich mit mir gehadert. Was denken die Freunde, die Familie, die Leute, der Nachbarshund….aber schlussendlich wollte ich nicht mehr Batman…oder vielmehr Batgirl sein und mich nur bei Nacht und Nebel Raus trauen. Ich habe mir eingestanden, dass es so nicht mehr länger geht und mich in meinem gesamten Bekanntenkreis als geoutet – von nun an würde ich Mila sein.
Mit phänomenalem Erfolg!
Über die Weihnachtstage hatte ich mein Geschäft anderthalb Wochen geschlossen und habe diese Zeit als persönlichen Alltagstest-Test genutzt und habe mich so wohl gefühlt wie seit ewigen Zeiten nicht mehr…anderthalb wochen vom Man-Mode in den Mila-Modus. Eine unglaubliche Befreiung.
Als Weihnachten selber dann näher rückte bekam ich allerdings weiche Knie und muss ehrlich gestehen, dass ich dann doch eingeknickt bin, als es daran ging an Heiligabend zu meinen Eltern zu fahren. War das ein ekelhaftes Gefühl für den Abend wieder in meine Männersachen zu schlüpfen – was allerdings tatsächlich das letzte Mal gewesen sein sollte 🙂
Na immerhin war noch der Heilgabend Vormittag von einem besonderen Erlebnis geprägt, als ich letzte Weihnachtseinkäufe en femme bei REAL erledigt hatte und ich mitten im Weihnachtstrubel beim EC-Zahlen meinen Ausweiß zeigen sollte ^^ Das sind die kleinen Dinge die einem bestätigen das es tatsächlich funktionieren kann.
Am nächsten Tag stand dann die Weihnachtsfeier im Freundeskreis an – die war toll! Alle haben mich zu meinem Mut beglückwünscht und waren neugierig. Keine Ablehnung oder sonst etwas. Toll!
Die nächste Hürde kam dann am 2ten Januar – Ladenöffnung. Jetzt hatte ich fast zwei Wochen durchgezogen und wollte nicht mehr zurück. Mensch was war ich unsicher und zerrissen – aber schlussendlich dann doch mutig und bin hocherhobenen Kopfes als Mila in den Laden marschiert (und hab mir gewünscht dass heute bitte kein Kunde kommen soll). Hat natürlich nur 5 Minuten gedauert bis der erste rein kam ^^ bzw. die Erste: “ Mensch…Sie sehen irgendwie anders aus…? Ah…sie haben was mit Ihren Haaren gemacht! Sieht gut aus.“ *strahl*….ja…die Frau wusste wie Sie das Eis brechen musste. Damit war der tag gerettet und bisher habe ich persönlich auch noch nicht EINE blöde Bemerkung abbekommen. Ich hatte die Nacht vorher kein Auge zugetan…und die Kunden haben sooo lieb reagiert. Vor allem die älteren Damen sind so neugierig und auf Smalltalk versessen…
Tja…die nächste Baustelle war dann doch „wie sag ich es meinen Eltern“…und hab mir dafür dann ausgerechnet den Geburtstag meines Dads ausgesucht….also so richtig begeistert war der nicht…
So ganz ohne Vorwarnung…plötzlich mit Mila konfrontiert zu werden war wohl etwas viel. Geredet hat der alte Herr an dem Abend nicht mit mir….dafür meine Tante umso mehr. Die hatte ja nun gar keine Berührungsängste. Das die früher bei der DAK gearbeitet hat wusste ich ja…aber dass sie im Verwaltungstrakt bei TS-Geschichten gewerkelt hat war mir neu. Naja, jedenfalls war sie neugierig „so jemanden“ auch mal in natura zu sehen…
Aber Ende vom Lied…meine Eltern können mit meiner Entwicklung nicht wirklich umgehen und denken, dass wäre eine Phase und verwächst sich wieder. Vadderns Worte waren „ich soll nicht rumtüddeln, was solln die Leute denken“….ohne Worte -.- mal schauen was da die Zeit bringt…
Natürlich ist bei so einer lebensverändernden Entscheidung nicht alles rosa Schokokuchen – auch meine Ehe muss ich wohl als gescheitert ansehen. Ich wäre den kommenden Weg gerne mit meiner Frau zusammen gegangen, aber das erscheint mir dieser Tage leider als nicht mehr gegeben. Schade und traurig….aber irgendwo sicherlich auch meine Schuld. Allerdings muss ich mich auch fragen, ob ich in meiner alten Verkleidung die nächsten Jahre glücklicher wäre, als ich mich jetzt in neuer Freiheit fühle.
Selbstverständlich liebe ich meine Frau noch immer….aber eine Partnerschaft in der man nicht zu 101% hinter seinem Partner steht hat einfach keine Zukunft und dem Partner in der Öffentlichkeit peinlich zu sein macht auch keinen Spaß.
Jetzt gehe ich meinen Weg eben alleine, kann aber dankbarer Weise auf einen wirklich lieben, lieben Freundeskreis bauen der mir den Rücken stärkt und meine Eltern kriegen sich vielleicht ja auch noch ein… *
Nein, haben sie nicht…..*
Jetzt steht für mich erst einmal der erste Besuch beim Hausarzt an, nachdem der letzte Termin leider ausgefallen ist und ein Termin beim Psychologen ist auch schon beantragt. Jetzt harre ich der Dinge die da kommen mögen…