GenderIdentity (1)

Hallo? Wer bin ICH? – Auszüge meiner Kindheit (ca. 6-9 Jahre)

Hallo? Wer bin ICH? – Auszüge meiner Kindheit (ca. 6-9 Jahre)

Ich werde häufig gefragt seit wann ich eigentlich wüsste, dass ich trans bin.
Das ist nicht so einfach zu sagen. Es gibt zweierlei Gruppen von Transsexuellen – die bei denen es in der Kindheit absolut deutlich ist und danach gehandelt wird sowie diejenigen bei denen die Transsexualität eine progressive Entwicklung ist und sich erst im fortgeschrittenem Alter Bahn bricht.

Zu welcher Gruppe gehöre ich also?

Wie gesagt, das ist eine extrem schwere Frage. Ich selber glaube, dass ich eigentlich zur ersteren Gruppe gehöre, aber durch meine Außenwelt in eine Sozialisierung gepresst wurde, die eigentlich nicht zu mir passte…
Dieses Konstrukt, welches sich wie getrockneter Lehm um mein wahres Selbst gelegt hatte brauchte viele Jahre und eine Form von emotionaler Stabilität und Rückendeckung, um erst aufzuweichen und schlussendlich von mir abzufallen.

Mein Elternhaus war sehr regide. Schon meine frühesten Erinnerungen sind von Kraft durch Disziplin geprägt. Probleme wurden nie auf emotionaler Basis behandelt. Schon als kleines Kind hatte ich zu zu funktionieren. Liebe gegen Leistung in der Schule. Spielzeug als Ersatz für mangelnde Aufmerksamkeit. Allerdings auch kein Spielzeug welches ich gern gehabt hätte (von Ausnahmen natürlich abgesehen).

Ich war in der Schule immer ein Außenseiter. Schon im Kindergarten hatte ich lieber bei den Mädchen gespielt, aber zu meiner Zeit gab es eine räumliche Trennung der Spielsachen (von anderen Leuten habe ich ähnliche Ereignisse gehört). Gemischte Gruppen waren nicht unbedingt gewünscht – ergo, gab es bereits hier die ersten Zwänge um in das biologische Geschlecht gezwängt zu werden… von freier Entfaltung war hier nie die Rede. Ich kann mich erinnern das ich, als wir bei Rottweil wohnten, eine Sandkastenfreundin hatte, die wie eine Schwester für mich war und irgendwann von einem Tag auf den anderen hieß es „Du bist doof, du bist ein Junge!“…. ich verstand die Welt nicht mehr.

Wie gesagt, ich hatte mich schon immer mehr für die Mädchen, die Puppen und alles interessiert, wurde aber konsequenterweise immer zu den Jungs geschickt – schließlich war ich ja auch einer. Selbstredend habe ich mir damals noch keinerlei körperliche Gedanken gemacht. Ich fand es einfach unfair, das ich nicht mit den Spielsachen meiner Wahl spielen durfte.
In der Schule wurde es später nur noch schlimmer. Die Grundschule war grauenhaft. Ich war ein Außenseiter – von den Rowdys gemobbt und verprügelt, war ich gleichermaßen für die Mädchen uninteressant, da ich erstens ein Opfer und zweitens ein Junge war. Ich gehörte zu niemandem und niemand wollte mit mir zu tun haben.

Dass ich nicht zur Schule gehen wollte bemerkten meine Eltern zwar schon, aber die Gründe waren bestenfalls egal. Mein Vater sagte nur ich sollte die Rowdys so fest hauen, dass sie nicht mehr aufstehen, dann würden sie mich schon in Ruhe lassen – ein wirklich weiser Rat (und meiner damals sehr schmächtigen Statur wirklich angemessen -.- ). Das Warum kam nie zur Sprache. Warum fühlte ich mich einsam? Das Kind hat doch alles. Spielsachen zum Umfallen. Warum sind die schulischen Leistungen dann so schlecht? Meine Lehrer in der Grundschule konnte man ebenso in der Pfeife rauchen – für die war ich einfach nur uninteressiert und faul.

Jedes Mal, wenn ich eine für Jungs untypische Handlung begangen habe, wurde diese mit aller Kraft der Erziehung im Keim erstickt. Wie gesagt, nicht dass ich mir damals schon irgendwelche Gedanken über meine sexuelle Identität gemacht hätte – ich war einfach ich. Jedenfalls erinnere ich mich an diverse Begebenheiten an denen ich für aus meiner Sicht völlig belanglose Dinge bestraft wurde

Benimm dich nicht wie ein Mädchen

So mit etwa 6 Jahren etwa fragte ich meine Mama, ob ich Ohrringe haben könnte….die würden so schön glitzern – peng, links und rechts eine. Ebenso als meine Mama einmal zum Einkaufen gefahren war und ich aus Neugier ihre Schuhe anprobiert hatte – ein Heiden-Donnerwetter.
Während ich das schreibe, muss ich fast Lachen; ich hatte schon immer die Angewohnheit meine Nägel zu überprüfen, indem ich so eine „Halbfaust“ mache und die Nägel gegen die Handfläche angucke – das hat man Vater mir mit etwa 8 Jahren abgewöhnt. Meine Wange tut jetzt noch weh…ebenso wie die damalige Aussage sowas machen nur Schwule und Mädchen…ich wäre ja wohl kein Mädchen…. -.-
Als es um die Wunschfarbe für mein neues Kinderzimmer ging…ich denke ich muss nicht weiterreden…pardon…schreiben.
Ja, Anekdoten dieser Art kann ich viele aufzählen…
Ich weiß, dass mich meine Eltern immer geliebt haben, aber sie konnten bzw. können ihre Liebe nicht zeigen, nicht in Worte fassen. Und genau das ist es aber, was ich damals gebraucht hätte.
Ich konnte mich niemandem mitteilen. Ich fühlte mich unverstanden.
Glücklicherweise war ich nicht der einzige Aussenseiter…so, dass sich aus der Not heraus dann doch eine kleine Clique von Freunden entwickelte. Die Verstoßenen ^^ Das war dann auch die Zeit, in der ich Zuflucht in Computern, Videospielen und Büchern gesucht habe. Die tun niemandem weh.

Dort konnte ich in andere Welten flüchten; sein, wer immer ich wollte.
Zu Hause gab es immer nur Druck, dem es gerecht zu werden galt. Eigentlich ein Jammer, dass schon in der Grundschule so ein Leistungsdruck besteht, wie soll da jemals die Freude am Lernen erwachsen? Ich habe mir durch meine Bücher das Wissen angeeignet, welches mich interessiert hat… die Schule und ihre Pflichten war nie meins.
Aber ich hatte angefangen mich anzupassen. Ich dürfte nicht mit den Mädchen spielen, ok. Für meine längeren Haare wurde ich gehänselt, ok. Ich wurde quasi zum draußen spielen genötigt, ok. Gefühle zeigen… wird gelassen…
Das war die Zeit als ich begann, eine Rolle zu spielen.

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demnächst:
Hallo? Wer bin ICH? – Auszüge meiner Kindheit (ca. 10-18 Jahre)

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